Liebe Mitglieder der Evangelisch-Reformierten Kirche des Kantons Zürich,
liebe Schwestern und Brüder in Christus,
Eure Einladung, gemeinsam mit Euch diesen Tag vorzubereiten und zu gestalten, hat uns berührt. Bereits 1925 und 1952 wurden hier, an diesen historisch wichtigen Stätten, internationale Vertreter der Mennoniten empfangen. Aus einer gemeinsamen Wurzel der Reformation entstammend, ist das Täufertum durch den Bruch und den erlebten Widerstand gegenüber uns wichtigen theologischen Überzeugen der Radikalität und der Nachfolge Christi geprägt. Die Verfolgungen in Zürich und anderswo, haben zur Zerstreuung der Täufer geführt. Infolgedessen lebten Täufer ihre Überzeugungen auf dem Prüfstein ganz unterschiedlicher Ausgangslagen und Zusammenhänge.
Heute sind wir Schweizer Mennoniten in der Region Zürich nicht mehr vertreten. Im Verlauf der Jahrhunderte waren wir unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt. Ausgestossen und an den Rand gedrängt verharrten wir zu lange in einer manchmal selbstgefälligen Abgrenzung von der Welt und der Gesellschaft. Wir bekennen, dass unsere Gemeinden unsere Auslegung des Evangeliums häufig nicht widerspiegeln. Da begegnen uns Angepasstheit, Einengung, Absonderung und Hochmut.
Weil uns die Geschichte als Opfer bezeichnet, stehen wir in der Gefahr, eine Opfermentalität zu entwickeln. Allerdings möchten wir hier und heute betonen, dass wir, Nachkommen der ehemals verfolgten Täufer, uns nicht mehr als Opfer sehen und verstehen. Wir erwarten keine materiellen Entschädigungen für vergangene Ungerechtigkeiten; denn eine solche Haltung widerspricht in unsern Augen dem Geist des Evangeliums. Die Tatsache jedoch, dass ihr die problematischen Aspekte eurer Geschichte mit uns anerkennt, hilft uns uns anders zu sehen und Euch anders zu begegnen. Wir danken Euch deshalb für euer Bekenntnis und möchten es im Geist der Vergebung annehmen.
Die seit vielen Jahren und an verschiedenen Orten erlebte Zusammenarbeit zwischen Täufern und Reformierten, ist ein Zeugnis vom beiderseitigen Willen, die alten Streitigkeiten abzulegen und die gemeinsame Zugehörigkeit zum Leib Christi bewusst zu leben. Angesichts der wiederholten Bitten um Vergebung von Reformierter Seite, fühlen wir uns auch etwas unwohl. Vielleicht ist dies jedoch ein Zeichen, dass es an der Zeit wäre, dass wir zusammen unsere Vergangenheit mit Gottes Hilfe nochmals anschauen. Es gibt für uns keine Kirche mehr, der wir uns entgegenstellen müssen, und ihr habt keine Gläubigen mehr, die gewaltsam integriert werden müssen. Trotz allem prägen uns tiefe Überzeugungen, die häufig auch von andern aus Erweckungsbewegungen entstandenen Freikirchen geteilt werden, insbesondere im ethischen und ekklesiologischen Bereich. Es ist unser Anliegen sie im Leib Christi zu teilen; wir möchten deshalb den Wunsch äussern, dass zwischen unseren kirchlichen und theologischen Überzeugungen ein längerfristiger Dialog entsteht, um unser gemeinsames Zeugnis für Christus und sein Evangelium zu stärken.
Der 26. Juni 2004 ist und bleibt ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der Versöhnung. Die Gedenktafel, die heute in Zürich feierlich eingeweiht wird, zeugt von der Ernsthaftigkeit mit der dieser Weg der Versöhnung beschritten wird. Wir sind tief betroffen von euren Worten und den zeichenhaften Handlungen und danken euch ganz herzlich dafür. Liebe Geschwister der Evangelisch-Reformierten Kirche des Kantons Zürich, möge Gott Euch segnen und Euch seine Gnade und seinen Frieden schenken.
Konferenz der Mennoniten der Schweiz