Sehr geehrter Herr Stadtrat, liebe Mitglieder der Evangelisch-Reformierten Kirche des Kantons Zürich, liebe Schwestern und Brüder in Christus
Auch wenn die Verfolgung der Täufer eine tragische Ungerechtigkeit bleibt, so ist uns bewusst, dass es den Behörden des 16. Jahrhunderts in erster Linie darum ging, die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Kirche und Staat waren in der damaligen Gesellschaft unter dem Begriff der Christenheit verschmolzen. In diesem Kontext ist es verständlich, dass die Wiedertaufe von Menschen, welche in der Nachfolge Jesu leben wollten, als ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung erlebt wurde.
Mit der Einweihung dieser Gedenktafel an dem Ort, wo Felix Mantz und seine Freunde die Bluttaufe erfahren haben, anerkennen Sie vergangenes Unrecht und das Fehlverhalten Ihrer reformierten Vorfahren im Umgang mit den damaligen Dissidenten. Wir schätzen Ihre Bemühungen, Gerechtigkeit zu schaffen. Ihre Vorfahren fühlten sich gezwungen einzugreifen, um Recht und Ordnung wiederherzustellen - Sie handeln heute freizügig und ohne Zwang.
Im Namen meiner mennonitischen Schwestern und Brüdern unterschiedlicher Herkunft möchte ich mich bei der Regierung der Stadt Zürich sowie der Evangelisch-Reformierten Kirche des Kantons Zürich für diese symbolhafte Geste bedanken. Einige von uns sehen dank dieser Gedenktafel eine Möglichkeit, die Erinnerung wach zu halten und hoffen auf eine Weiterführung des Dialogs; andere sehen darin ein starkes Zeichen der Begegnung, welche schon morgen der Vergangenheit angehören wird; das Zeichen jedoch wird bleiben, um unsere Versöhnung zu bezeugen.
Zürich hat sich zu einer wohlhabenden und blühenden Stadt entwickelt. Wiedertaufen sollten hier keine Bedrohung der öffentlichen Ordnung mehr darstellen. Aber wie sähe diese Stadt wohl heute aus, ohne die Auswirkungen der Gnade Gottes und dem Einfluss unzähliger im Wort Gottes verwurzelter und von jüdisch-christlichen Werten geprägter Frauen und Männern, die hier gelebt haben?
Früher entzweit, möchten wir heute gemeinsam mit Ihnen, liebe Geschwister der Evangelisch-Reformierten Kirche, in unserer Gesellschaft die Botschaft dessen verkünden, der die Herzen der Menschen berührt und verändert, Jesus Christus, unser Herr!
Thomas Gyger, Präsident der Konferenz der Mennoniten der Schweiz