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Einleitung von Philippe Dätwyler, Kulturbeauftragter
Hier stehen wir. An diesem denkwürdigen Samstag im Jahre 2004 nach Christus. Hier stehen wir und schauen hinaus auf die Limmat, die heute ruhig fliesst und das Abendlicht widerspiegelt.
Hier, an diesem Ort, standen vor 477 Jahren ebenfalls viele Menschen. Ratsmitglieder, Schaulustige, Gaffer. Es war kalt an jenem Tag. Im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Es war der 5. Januar 1527. Ein Samstag wie heute. Der Tag vor dem Dreikönigstag. An diesem Tag wurde der erste von insgesamt sieben Täufern in Zürich hingerichtet: Felix Manz.
Sechs Wochen zuvor, Mitte Oktober 1526, hatte die Zürcher Obrigkeit angeordnet, wer weiterhin die Erwachsenentaufe lehre und praktiziere und entsprechende Predigtversammlungen durchführe, werde mit dem Tod bestraft.
Wenige Wochen später, im Dezember, wurde Felix Manz gefangen genommen und ins Stadtgefängnis geworfen, in den sogenannten Wellenberg. Dies war ein mächtiger Turm mitten in der Limmat, da vorne am See-Ende.
Da Felix Manz im Gefängnis aber standhaft blieb und bekannte, er wolle auch in Zukunft die Wiedertaufe praktizieren, da dies biblisch sei, nahte das Unheil schnell und unerbittlich.
Die Obrigkeit wollte - wohl auch als Warnung und drastisches Signal an die anderen Taufgesinnten - ein Exempel statuieren.
Aber auch die Kirche machte mit. Zwei Tage vor der Ertränkung von Felix Manz schrieb Zwingli an den Basler Reformator Oekolampad: "Die Wiedertäufer, die man schon längst zu den Raben (d.h. zum Teufel) hätte schicken sollen, stören bei uns die Ruhe der Frommen. Aber ich glaube, das Beil sei angesetzt."
Zwingli schien also nicht nur zu wissen, was an jenem Samstag passieren sollte. Er hat dies wohl auch befürwortet.
Samstag, 5. Januar 1527. Heinrich Bullinger beschreibt das Martyrium von Felix Manz in seiner Reformationschronik so:
Manz wurde aus dem Wellenberggefängnis herausgeholt und auf den damaligen Fischmarkt, da drüben an der Limmat, geführt. Dort wurde das Urteil gesprochen. Bei der Metzgerhalle musste er in ein Boot steigen, in dem auch der Henker und ein Pfarrer standen.
Laut Bullinger sind Felix Manz auf diesem schweren Gang seine Mutter und sein Bruder begegnet, die ihm Mut machten, standhaft zu bleiben. Dann wurde er mit dem Schiff hierher gefahren. Hier stand damals eine kleine Fischerhütte mitten im Wasser.
Felix Manz wurde auf die Plattform der Hütte gesetzt, gefesselt und geknebelt. Und als der Henker an die Arbeit ging, so heisst es, "sang er mit lauter Stimme, In Manus tuas domine commendo spiritum meum; Herr, in deine Hände befehle ich meinen Geist".
Dann zog der Henker ihn mit Seilen von der Plattform der Fischerhütte hinunter ins kalte Wasser der Limmat.
Philippe Dätwyler, Kulturbeauftragter der evang.-ref. Landeskirche des Kantons Zürich
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